Die Faszination der menschlichen Hand fesselt mich seit Jahren. Vielleicht kann ich Ihnen mit den folgenden Zeilen einen Bruchteil meiner Begeisterung für die Hand übermitteln und darlegen, wieso ich mit Enthusiasmus und Engagement ein leidenschaftlicher Handchirurg bin.
Die Hand stellt eine zentrale Rolle in unserem Leben dar. Sie ist ein hochkomplexes Instrument, ein zugleich kraftvolles wie feinfühliges Präzisionswerkzeug.
Die alltäglichen Anforderungen an die Hand, auch wenn sie von uns als selbstverständlich gesehen und deshalb oft nicht wahrgenommen werden, sind unglaublich vielfältig. Erst wenn die Hand durch eine Verletzung oder durch Schmerzen aufgrund von Abnützung bzw. Überbeanspruchung nicht mehr einwandfrei funktioniert, wird uns bewusst, wie wichtig die Hand in jeder Lebenssituation ist.
Erstaunlich Komplex
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, besteht die Hand aus einem perfektionierten System aus Knochen, Gelenken, Bändern, Muskeln und deren Sehnen, Blutgefäßen, Lymphgefäßen, Nerven und Sinneszellen, Schweißdrüsen und hochspezialisiertem Fett-/Bindegewebe sowie der speziell abgestimmten Haut. Nur durch das Zusammenspiel jeder einzelnen dieser Strukturen miteinander kann die Hand ihrer vollen Funktion nachkommen.
Ein soziales Organ
Zudem soll sie ästhetisch sein und Eleganz vermitteln. Die Hand dient zugleich als Werkzeug der non-verbalen Kommunikation. Die Gestik gewährt einen groben Einblick auf die Persönlichkeit eines Menschen. Sie kann Gefühle ausdrücken oder das gesprochene Wort unterstreichen.
Robust und feinfühlig
Die Hand dient als Sinnesorgan für den Tastsinn. Durch sie können wir fühlen und spüren unterschiedliche Gegenstände, Oberflächen oder Temperatur.
Nur durch die präzise Abstimmung sämtlicher beteiligter Strukturen und das Zusammenspiel von robuster Haut als Oberfläche sowie feinfühligen Elementen ist die Hand so unterschiedlich einsetzbar. Sie lässt sowohl grobe, kraftvolle Arbeit, als auch feinmotorische Tätigkeiten zu.
Die robuste Haut oder sogenannte Leistenhaut, welche den Fingerabdruck darstellt, dient als Schutz vor der Umwelt und ermöglicht gemeinsam mit der festen Schicht darunter das Angreifen von Dingen, ohne dass diese entgleiten. Die feinfühligen Elemente, die spezialisierten Sinneszellen der Hand, sind für die Empfindung verantwortlich. Sie leiten nicht nur Druck, Vibration, Schmerz oder Temperaturempfinden an unser Gehirn weiter, sie lassen uns unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheiten erkennen und zwischen spitzen und stumpfen Gegenständen unterscheiden.
Warum der Daumen so wichtig ist
Mit der Sonderstellung des Daumens, der den restlichen Fingern gegenüber gestellt werden kann, ist es überhaupt erst möglich, Gegenstände zielgerichtet und in unterschiedlicher Form zu greifen. Es werden eine Vielzahl an Griff-Formen unterschieden, die den Daumen meist als zentrale Rolle benötigen. Eine koordinierte und zielgerichtete Bewegung eines einzelnen Gelenkes und in Folge eines Fingers ist das Ergebnis von präziser Koordination aller Strukturen untereinander. Fällt nur ein Bereich aus, kommt es zu einer Störung des Bewegungsablaufes und der Handfunktion mit oft weitreichenden Konsequenzen.
Realität begreifen
Die wichtige Rolle der Hand im Erkunden der Umwelt zeigt sich ganz deutlich bei Babies, die die Welt durch ihre Hände kennenlernen, indem sie jeden Gegenstand in die Hand (und anfangs auch in den Mund) nehmen und dadurch „be-greifen“ lernen. Wie komplex diese Bewegungsabläufe sind, wird auch dadurch deutlich, dass in den ersten Monaten eines Neugeborenen eine zielgerichtete Bewegung der Hände noch nicht möglich ist, weil die Hand-Augen-Koordination erst erlernt werden muss. Für das koordinierte Bewegen der Hand mit all ihren Möglichkeiten wird dem menschlichen Gehirn einiges abverlangt. Das erklärt auch, warum ein ausgesprochen großer Teil des Gehirns für die Handfunktion bzw. Koordination zuständig ist.